Das Auswahlparadox: Wenn Auswahl unglücklich macht

Wenn Auswahl unglücklich macht – das Auswahlparadox

Ist es nicht großartig, so viele verschiedene Möglichkeiten zu haben? 50 Sorten Marmelade, 100 verschiedene Zahnpasta Tuben, 200 Handy Typen, 500 Brillen Varianten, 1000 unterschiedliche Schuh-Modelle, unendlich viele Kleidungs-Kollektionen.

Und Du hast die freie Wahl Dich für das beste Produkt zu entscheiden! Das Problem daran ist nur: Was ist denn eigentlich das beste Produkt? Wie soll ich aus einem so breit aufgestellten Angebot herausfiltern, was wirklich gut ist? Jedes Produkt verspricht in der Werbung DAS BESTE zu sein.

In diesem Artikel geht es um das Auswahl Paradox und die dazugehörige Frage, warum zu viel Auswahl Dich nicht glücklich sondern eher unglücklich macht.

Was ist das Auswahlparadox?

Stehen Dir zu viele Entscheidungsalternativen zur Verfügung, behindern diese Deine Entscheidungsfindung. Das ist die zentrale Aussage vom Auswahlparadox. Das Phänomen wurde wissenschaftlich erstmals im Jahr 2000 beim so genannten Marmeladen Experiment (siehe weiter unten im Text) untersucht.

Vermutlich hast Du diese Erfahrung auch schon einmal gemacht? Mir persönlich passiert das insbesondere bei Zahnbürsten, Zahnseide und Zahnpasta-Sorten. Wenn ich anfange zu vergleichen, stehe ich stundenlang vor den Regalen und finde einfach keine relevanten Unterschiede. Kurz im Geschäft ausprobieren, kommt bei diesen Produkten meistens nicht gut an.

Warum macht breite Auswahl im Geschäft unglücklich?

Eine große Auswahl sieht im ersten Moment gut aus und vermittelt ein Gefühl von Freiheit. Kommt es aber dazu, das eine Entscheidung für eines der Produkte getroffen werden soll, fällt diese deutlich einfacher, wenn weniger Optionen zur Verfügung stehen.

Wie schwierig die Wahl letztlich ist, hängt vor allem von der Komplexität der zu vergleichenden Merkmale ab. Sehr ähnliche und schwer zu vergleichende Dinge (z.B. Inhaltsstoffe einer Zahnpasta) machen unglücklich, das Treffen einer „gefühlt richtigen Entscheidung“ ist nahezu unmöglich. Stehen Objekte mit sehr unterschiedlichen Eigenschaften zur Auswahl, kann ich mich leichter entscheiden.

Das Fazit: Größere Auswahl bringt immer auch das Gefühl einer falschen Entscheidung mit sich. Und bevor ich etwas falsches kaufe, kaufe ich lieber gar nichts.

Das „Hätte ich doch“ Problem

Auch dieses Phänomen hast Du mit großer Sicherheit schon häufiger am eigenen Leib erlebt.

Du hast die Wahl zwischen zwei Dingen, musst Dich aber für eins entscheiden. Manchmal fällt die Entscheidung leicht. Wirklich gemein wird es, wenn Du unentschlossen bist. Denn dann setzen einige Zeit später zweifelnde Gedanken ein: „Wäre das Andere evtl. doch besser gewesen?“. Fängt dieser Gedanke erst einmal an zu wirken, lässt er Dich nicht mehr in Ruhe:

Ist der Gedanke erst gesät, ist das Unkraut schon gewachsen.

Jonas Weidemann (Zitat anzeigen)

Das wirkt sich auch auf unser Glücksempfinden aus: Das Gefühl sich für das Falsche entschieden zu haben ist so groß, das kaum noch Platz für die Freude über das Neue selbst vorhanden ist. Wir machen uns selbst unglücklich. Wenn Du mehr zu diesem Thema wissen möchtest, kann ich Dir die Studie zur 'subjektiven Vorhersage von beeinflussbaren Entscheidungen' von Dan Gilbert empfehlen.

Die Studie von Gilbert zeigt, das wir selbst Tage nach der Entscheidung auch weiterhin unzufrieden und unglücklich mit unserer Wahl sind. Die große Kunst ist es, eine Entscheidung zu treffen und damit glücklich zu sein. Das wird umso wichtiger, je mehr Möglichkeiten uns Tag für Tag angeboten werden.

Studie: Wenn Entscheidungsfreiheit unzufrieden macht

Diese Studie ist besonders interessant für den Bildungssektor, Lehrkräfte, Schüler:innen, Studierende. In einem Experiment wurden Studierenden zusätzliche Punkte angeboten, wenn ein extra Aufsatz geschrieben wird.

Die Studierenden waren in zwei Versuchs-Gruppen aufgeteilt. Der ersten Gruppe wurden 6 Themen zur Auswahl gestellt, der zweiten Gruppe 30.

Das Ergebnis: Aus der ersten Gruppe entschieden sich mehr Studierende dafür, den Aufsatz zu schreiben. Das entsprach den Erwartungen der Forscher. Überraschend hingegen war: Die Studierenden aus der zweiten Gruppe (mit den 30 Themen), lieferten deutlich schlechtere Ergebnisse in ihren Aufsätzen ab. Das könnte darauf hindeuten, das sie sich weniger Mühe gaben, weil sie angesichts der Wahlmöglichkeiten unzufriedener waren.

Das Marmeladen Experiment aus dem Jahr 2000

Für dieses Experiment wurden Marmeladen in einem Supermarkt zum Probieren angeboten. Es gab also ein schönes Display auf dem die Sorten präsentiert wurden und die Kundschaft konnte alle Sorten testen. Im Verlauf des Experiments wurden zeitweise 6 Sorten angeboten, teilweise 24. Bei der Auswertung wurde anschließend geprüft, wie häufig sich die Marmeladen verkauft haben.

Kleinere Auswahl, mehr Verkäufe: Bei der geringen Auswahl kauften rund 30% der Kund:innen eine der Sorten. Bei der großen Auswahl von 24 Sorten, kauften nur 3%. Die große Auswahl wirkt zwar im ersten Moment verlockend, überfordert aber bei der Entscheidungsfindung. Und bevor ich falsch kaufe, kaufe ich lieber nichts.

Hier findest Du das Paper zur Studie.

Maximierer: Die Suche nach dem Besten

Die perfekte Zahnpasta, den besten Handy-Anbieter, das perfekte Match auf Tinder. Der Begriff der Maximierer findet sich in der Glücks-Psychologie und beschreibt die Menschen, die exzessiv nach dem Besten suchen. Eine Suche, die nicht zum Erfolg und damit auch nicht zum Glück führen kann.

Perfekt gibt es nicht. Das ist ein Gedanke, mit dem wir uns zumindest beim Thema Glück anfreunden müssen. Glück ist eben nichts, was einmal kommt und für immer bleibt. Glück vergeht und wird von der Gewohnheit verdrängt. Was wir lange haben, macht uns nur bedingt glücklich. Glück ist wie eine Beziehung: Am Anfang ist auf Wolke 7, später bedeutet es viel Arbeit.

Studien haben gezeigt, das Maximierer zum Teil so unglücklich sind, wie depressive Menschen. Das ist eine erschreckend Erkenntnis, denn streben wir nicht alle auf die eine oder andere Art nach dem Ideal?

Die Kunst der Entscheidung

Eine für Dich persönlich gute Entscheidung zu treffen, ist nicht immer einfach. Je breiter die Auswahl und desto ähnlicher die Faktoren, desto komplexer wird der Prozess. Und die Chance für das Gefühl einer falschen Entscheidung geht deutlich nach oben.

Wie triffst Du also eine Entscheidung, mit der Du am Ende auch zufrieden bist? Diese Frage kann Dir niemand beantworten. Es gibt nur Deinen persönlichen Weg dafür. Diesen Weg zu finden, ist nicht immer einfach. Aber der Aufwand lohnt sich. Denn das „hätte ich doch …“ Gefühl verbraucht Energie, die Du guten Gewissens in die schönen Dinge des Lebens investieren kannst.

Glückliche Menschen treffen eine Entscheidung und zweifeln diese danach nicht mehr an. Das ist leichter gesagt, als tatsächlich umgesetzt. Aber es ist ein erstrebenswertes Ziel, durch das Du Dir weniger Gedanken machst und seltener an Deinen Entscheidungen zweifelst.


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